Was ist ein Tornado? Was ist eine Trichterwolke?
Fast immer wenn mal wieder Tornados in Deutschland auftreten und spektakuläre Bilder und Videos über die Medien verbreitet werden, schleichen sich leider auch Fehler ein. Ein paar wichtige Kleinigkeiten möchte ich hier einmal klarstellen. Es geht vor allem darum, was eigentlich ein Tornado und was eine Trichterwolke ist.
International üblich als Definition eines Tornado ist diese: Unter einem Tornado versteht man einen kleinräumigen Wirbel mit mehr oder weniger senkrechter Achse, der von einer konvektiven Wolke bis zum Boden reicht. Unter einer konvektiven Wolke versteht man eine nach oben wachsende Wolke, von der Quellwolke bis hin zum ausgewachsenen Gewitterturm. Man braucht also keine so genannte Superzelle (langlebiges, kräftiges Gewitter mit rotierendem Aufwindbereich), damit sich ein Tornado bilden kann.
Entscheidend ist, dass es sich um einen durchgehenden Wirbel handelt – einen Luftwirbel. Und da man Luft normalerweise nicht sehen kann, sieht man auch den Tornado nicht – es sei denn, er wird durch andere Einflüsse sichtbar. Das passiert in Form einer Trichterwolke (englisch Funnelcloud), das ist der durch Kondensation sichtbare Teil des Wirbels, der von der Wolkenbasis nach unten reicht. In diesem Bereich sinkt der Luftdruck und es setzt schneller Kondensation, also Wolkenbildung ein. Und es passiert, indem am Boden etwas aufgewirbelt wird. Dies können Staub, Wasser oder einfach Trümmer sein. Es gilt: Funnelcloud = Wolke, Tornado = Wirbel. Das folgende Foto einer ausgeprägten Trichterwolke wurde am 03. Juni 2016 von Andreas Kaufmann in Backnang (Baden-Württemberg) aufgenommen.
Der Tornado muss dabei nicht durchgehend sichtbar sein. In manchen Fällen ist die Trichterwolke sogar kaum ausgeprägt, aber unten richtet der Wirbel bereits Schäden an. Selbst bei dem starken Tornado am 23. Juni 2004 in Micheln (Sachsen-Anhalt), bei dem rund 270 Häuser zum Teil schwer beschädigt und mehrere Menschen verletzt wurden, reichte die Trichterwolke nur bis etwa zur Hälfte der Strecke Wolke – Boden hinab. Von unten aufgewirbelter Staub machte den unteren Teil dann auch sichtbar. Ist der Boden aber feucht, dann fällt die Staubwolke weg. Bei den Zwillingstornados am 05. Juni 2016 bei Schleswig (Foto: Brian Andresen/nordpresse mediendienst) wurde nach langer Trockenheit extrem viel Staub aufgewirbelt, der die beiden Tornados weithin sichtbar machte:
Eine Funnelcloud ist an sich nichts gefährliches, ABER: Da es nur der durch Kondensation sichtbare Teil des Wirbels ist, sollte man sehr auf der Hut sein, wenn man einen solchen Wolkentrichter erblickt. Es kann sich bei dem Wirbel schon längst um einen Tornado handeln. Lebensgefahr besteht! So ist es zum Beispiel den Teilnehmern eines Jugendzeltlagers im Mai 2007 in der Eifel ergangen, als sie eine Trichterwolke erblickten. Das für harmlos gehaltene Phänomen verwüstete anschließend das Zeltlager. Zum Glück wurde niemand schwer verletzt. Auch bei dem Tornado am 07. Juni 2016 in Hamburg (Foto: David G.) war die meiste Zeit kein durchgehender Wirbel sichtbar, es gab aber ehebliche Schäden:
Anders als in den meisten Katastrophenfilmen und sogar in vielen Dokumentationen über Tornados erkennt man die Drehbewegung der Trichterwolke auf den ersten Blick oft gar nicht. Man muss schon genau hinschauen. In den TV-Beiträgen werden häufig Zeitrafferaufnahmen gezeigt, um das Geschehen noch dramatischer wirken zu lassen, als es ohnehin schon ist. Das deutsche Wort Windhose bezeichnet übrigens dasselbe Phänomen wie ein Tornado. Es klingt nur verharmlosend und sollte daher lieber vermieden werden.
Wenn ich nun tatsächlich mal eine Trichterwolke erblicke oder sogar einen Wirbel am Boden darunter und damit einen Tornado, was mache ich dann? Dazu gibt es ein sehr gutes Video der Kollegin Rebekka: Wie verhalte ich mich, wenn ein Tornado in der Nähe ist?
Das detaillierteste Wetter-Radar auf dem deutschen Markt: unsere Kachelmann Radar & Blitz HD App für iOS im AppStore und für Android im PlayStore!
Das HD Regenradar, HD Satellitenbilder sowie Wettervorhersagen für jeden Ort in Europa, zahlreiche aktuelle Messwerte und teils Jahrhunderte alte Messwerte der Wetterstationen finden Sie auf kachelmannwetter.com. Außerdem: exklusive Modellkarten wie signifikantes Wetter in Super HD oder Sonnenscheindauer-Vorhersage in HD sowie kompakte Wettervorhersage in HD und Super HD – alles auf einen Blick! All unsere Karten sind zoombar bis auf Landkreisebene, zeitlich variierbar und verschiedene Parameter wählbar. Wie ist der weitere Wetter-Trend? Unsere XL-Vorhersage weiß es (einfach Ort in Europa eingeben). Wetternews aus Deutschland, Europa und aller Welt gibt’s im Wetterkanal.
All unsere Erklärbärstücke finden Sie im Wetterlexikon!
Holen Sie sich Ihr Kachelmannwetter-Widget für Ihre Homepage!
Hallo Herr Sävert,
Erlauben Sie mir eine dumme Frage bitte? Zugrichtung sowie Wind und Wetter allgemein gesehen sind mir als Segelflieger bekannt, das gehört zur Grundausbildung und ist lebenswichtig, blos gibt es bei Tornados Unterschiede bei der Richtung der Rotation? Beobachtet habe ich schon selbst thermische Ablösungen an Geländekanten, die ähnlich wie Wirbelschleppen entsprechend mal so oder auch so rotrierten. 2013 gab es hier einen kleines 3m hohen Staubteufelchen,bei uns am Flugplatz, das nachdem ich meine Hand reinhielt sich auflöste, jedoch 10 min später an selber Stelle genau andersrum wieder entstand. Das Eine hat mit dem Beispiel nichts zu tun, über eine Rückantwort freute ich mich.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas
Hallo Herr Schifferdecker,
gerne möchte ich Ihre Frage beantworten. Bei sehr kleinen Wirbeln wie zum Beispiel in Abfllüssen, aber auch in kleinen Staubteufeln spielt die Corioliskraft keine Rolle. Das ist die Kraft, die durch die Errotation hervorgerufen wird und die Drehbewegung bei Tiefs und Hochs auslöst. Die Tornados sind aber meistens größer und werden beeinflusst, daher drehen sie sich auf der Nordhalbkugel überwiegend gegen den Uhrzeigersinn. Es gibt aber auch einzelne Ausnahmen mit anderem Drehsinn. Es kommt zum Beispiel manchmal vor, dass sich eine Gewitterzelle teilt, dann dreht sich einer der beiden neuen Gewitterzellen im Uhrzeigersinn.
Ich hoffe, dies hilft Ihnen etwas weiter.
Mit freundlichen Grüßen,
Thomas Sävert
Sehr geehrter Herr Sävert,
danke das passt. und das habe ich auch ziemlich genau Ihrem Wortlaut folgend so vermutet. Im Studium damals ( Thermodynamik2) galt; Die Summe der vektoriellen Kräfte aller Wirbel = 0 , somit muß auch atmosphärisch ein Gleichgewicht bestehen, ( Wetter ( spezifische Parameter außer acht gelassen)) Und dabei besteht, wie Sie antworteten bei kleinen Wirbeln kein Einfluß, global; sogar (europäisch) betrachtet sehen wir täglich die Bestätigung dafür, daß die Naturwissenschaft Gold im Wert übersteigt.
Danke für Ihre Antwort
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Schifferdecker
Hallo,
da es in Deutschland anscheinend eine zunehmende Tendenz bei Tornadobildungen gibt, stellt sich hier die Frage, inwieweit das Thema Frühwarnung vorangetrieben wird.
In den USA ist es bekanntlich üblich, die Bevölkerung über lokale Medien sowie Polizeimitteilungen und Sirenen zu warnen.
Ist bei uns für die Zukunft vergleichbares geplant?
VG
Hallo, ob es in deutschland tatsächlich eine zunehmende Tendenz gibt, ist noch gar nicht klar. Bisher gibt es keine Hinweise auf eine tatsächliche Zunahme. Die Meldungen und Bericht werden natürlich häufiger, unter anderem wegen der extrem dichten verbreitung von guten Handykameras und auch wegen der Stellen, bei denen man solche Beobachtungen melden kann. Dies gab es früher nicht. Dennoch arbeiten wir an Tornadowarnungen, die Umsetzung in Richtung Bevölkerung liegt leider nicht in unserer Hand.
Grüße, Thomas Sävert