Polartiefs – kleine Schnee-Hurrikane?
Besonders im Spätherbst und im Winter können in polaren Regionen kleine Tiefs entstehen, die tropischen Wirbelstürmen sehr ähnlich sind. Sie bilden sich über arktischen Meeresgebieten und können heftige Schneefälle und Schneeverwehungen mit sich bringen, wenn sie auf Land treffen. In Europa ist vor allem Norwegen betroffen, in Extremfällen schaffen es schwache Polartiefs sogar bis zur deutschen Nordseeküste und nach Norddeutschland.
Abb.1: Satellitenbild eines Polartiefs vom 27.02.1987 (Quelle: Colorado State University)
Polartiefs sind im Vergleich zu den tropischen Hurrikanen deutlich kleiner und schwächer. Sie weisen einen Durchmesser von meist nur 50 bis 150 Kilometern auf und erreichen selten Orkanstärke. In manchen Fällen bildet sich aber im Zentrum des Polartiefs sogar ein Auge aus. Polartiefs halten sich nur 1 bis 2 Tage und lösen sich rasch auf, sobald sie auf eine größere Insel oder das Festland treffen.
Entstehung
Strömt hochreichend kalte Luft über offenes Wasser, entstehen sehr große, vertikale Temperaturgegensätze. Das Meerwasser erwärmt die unterste Luftschicht auf mehrere Grad über dem Gefrierpunkt, während in rund 5 Kilometer Temperaturen unter -40 Grad, im Hochwinter manchmal sogar bis unter -50 Grad herrschen können. Durch diese großen Gegensätze steigt rasch Luft auf, es bilden sich Wolken und Schauer, die sich zu einem kleinen Tiefdruckgebiet formieren können. Der genaue Ablauf der Entstehung ist noch Gegenstand der Forschung.
Abb. 2: Entstehung eines Polartiefs
Die Grafik der Colorado State University zeigt die Voraussetzungen für die Entstehung eines Polartiefs: Hochreichend kalte Luft (grüne Linien = Isothermen in der 500 hPa-Druckfläche, etwa 5 km Höhe) strömt über einen relativ warmen Untergrund. Ein Trog mit tieferem Luftdruck als in der Umgebung nähert sich, an dessen Vorderseite sich die Isohypsen (Linien gleicher Höhe) zusammendrängen. Hier kann jetzt ein kleines Tief („polar low“) entstehen.
Abb. 3: Die Entstehungsorte der Polartiefs 2000 – 2013 (Quelle: The Norwegian Meteorological Institute)
Auswirkungen Norwegen
Vor allem die nordnorwegischen Inseln und Bohrplattformen sind häufiger von Polartiefs betroffen. In manchen Fällen gab es lokal eng begrenzt schon Neuschneemengen von 50 Zentimetern am Tag und mehr sowie durch den Sturm meterhohe Schneeverwehungen. Als Folge sind Straßen völlig zugeschneit und müssen gesperrt werden, getroffene Flughäfen sidn für eine Weile lahmgelegt. Die Vorhersage solcher Polartiefs ist sehr schwierig, da sie von den Computermodellen praktisch gar nicht erfasst und auf Satellitenbildern nur sehr kurzfristig erkannt werden können.
Abb. 3: Auf der Insel Spitzbergen nach Durchzug eines Polartiefs
Nordsee
In manchen Fällen schafft es ein Polartief oder ein polartiefähnliches System sogar bis zur Nordsee. Dies geschah zum Beispiel im März 2006, als von der Nordsee schauerartiger Schneefall über einen eng begrenzten Bereich im mittleren Schleswig-Holstein zog. Am Morgen des 05. März lagen vor allem im Bereich Schleswig – Heide – Kiel verbreitet 20 Zentimeter Schnee oder mehr, in der Landeshauptstadt waren es 23 Zentimeter.
Abb. 4: Schneehöhen in Schleswig-Holstein am 05.03.2006
Damals bildete sich über dem frisch gefallenen Schnee bei sternenklarem Himmel eine sehr dünne Kaltluftschicht aus, innerhalb der sich die Luft bodennah extrem stark auskühlen konnte. So gab es im Binnenland Schleswig-Holsteins verbreitet strengen bis sehr strengen Nachtfrost. Am Flugplatz Itzehoe wurde ein Tiefstwert von -21,3 Grad gemessen.
Abb. 5: Tiefsttemperaturen in Schleswig-Holstein am 06.03.2006
Auf ähnliche Weise wie die Polartiefs entstehen die so genannten Ostsee-Zyklonen. Dies sind sehr kleinräumige Tiefdruckgebiete, die sich bilden können, wenn am Rande eines kräftigen Skandinavienhochs extrem kalte Luft über das noch warme Ostseewasser strömt. Sie können lokal sehr eng begrenzt an der deutschen Ostseeküste mehrere Dezimeter Neuschnee bringen mit starken Schneeverwehungen durch den böigen Nordost- oder Ostwind.
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