Freakwaves – gefährliche Monsterwellen
Jetzt im Winterhalbjahr ist auf der Nordhalbkugel wieder die Zeit für die auch als Monsterwellen oder Kaventsmänner bekannten Riesenwellen, die oft sogar großen Schiffen zum Verhängnis werden. Lange Zeit wurden Geschichten darüber als Seemannsgarn abgetan, inzwischen gibt es aber viele glaubhafte Berichte und Videoaufnahmen sowie wissenschaftliche Untersuchungen dazu.
https://www.youtube.com/watch?v=2PGQy_rNX8o
Zahlreiche Schiffe verschwanden in den vergangenen Jahren und Jahrhunderten nahezu spurlos, darunter der deutsche Frachter „München“ im Dezember 1978. Lediglich ein leeres und schwer beschädigtes Rettungsboot konnte damals in einer wochenlange Suche mit großem Aufwand entdeckt werden. Die Ursache konnte zuerst nicht geklärt werden, die Schäden an dem in rund 20 Meter Höhe angebrachten Rettungsbootes führte man aber später auf eine Riesenwelle zurück.
Die Forschung über Riesenwellen begann mit der Installation eines Wellenmessgerätes auf der norwegischen Ölförderplattform Draupner-E (siehe Bild links, Quelle: Gassco, Norwegen) in der nördlichen Nordsee in den 1990er Jahren. Am Neujahrstag des Jahres 1995 wurde hier in stürmischer See eine Welle registriert, die mit 26 Metern mehr als doppelt so hoch war wie alle umgebenden Wellen. Diese Messung machte die ganzen kursierenden Geschichten plötzlich glaubhaft und war der Startpunkt zur Forschung über diese Freakwaves. Eine im Februar 2001 verloren gegangene und nach einem Monat aufgefundene Messboje des US-Wetterdienstes wurde genauer untersucht und auch hier konnte eine Freakwave nachgewiesen werden.
Zahlreiche Schiffe wurden in den vergangen Jahren von Monsterwellen getroffen. Einige überstanden diese Wellen, Besatzung und Passagiere konnten oft mit Bildmaterial über das Ereignis berichten. So trafen am 11. September 1995 drei bis etwa 30 Meter hohe Wellen vor Neufundland den Luxusliner „Queen Elizabeth 2“, das Schiff erreichte aber seinen Zielhafen in den USA. Im Februar und März 2001 erlitten die Kreuzfahrtschiffe „Bremen“ und „Caledonian Star“ auf dem Südatlantik fast Schiffbruch, nachdem Wellen die Brücken verwüstet hatten. Bei der „Bremen“ waren die Fenster der Brücke beim Auftreffen der Welle mitsamt Rahmen gegen die Decke geflogen. Ähnlich erging es den Kreuzfahrtschiffen „Voyager“ und „Norwegian Dawn“ im Jahre 2005 und der „Louis Majesty“ im März 2010. Auf diesem Schiff kamen zwei Menschen ums Leben, als einige Fensterscheiben barsten.
Das Foto links wurde im Juli 2004 vom Maat Philippe Lijour auf dem Supertanker „Esso Languedoc“ während eines Sturms vor der Küste von Durban in Südafrika aufgenommen. Der Mast im Bild an Steuerbord ist 25 Meter hoch. die Welle traf das Schiff von hinten rechts, richtete aber zum Glück keine größeren Schäden an. Die durchschnittliche Wellenhöhe betrug zu dieser Zeit lediglich 5 bis 10 Meter.
Auch in der recht flachen Nordsee vor der deutschen Küste sind hohe Wellen möglich. Das Orkantief „Britta“ zog am 31. Oktober 2006 von Schottland aus nach Südnorwegen und von dort weiter in Richtung Baltikum. Sein Sturm- und Orkanfeld erfasste in der Nacht zum 01.11. vor allem die niedersächsische Nordseeküste mit schweren Orkanböen. Während des Sturms richteten bis zu 16 Meter hohe Wellen erhebliche Schäden an der Forschungsplattform FINO, etwa 45 Kilometer nördlich von Borkum an.
Entstehung
Wie können solche gewaltigen Wellen entstehen? Dazu hatte man nach der Messung im Jahre 1995 zunächst keinerlei Erklärung. Anders als Tsunamis nach unterseeischen Erdbeben oder Erdrutschen treten die Monsterwellen nicht direkt an den Küsten, sondern auf dem Meer auf. Man unterschiedet drei Wellentypen: Einzelwellen, die sich meist nur einige Sekunden halten, die berüchtigten „drei Schwestern“ – drei kurz aufeinander folgende Wellen – und die „weiße Wand“, eine sehr steile und breite Wasserwand, bestehend aus einer Welle. Der genaue Entstehungsmechanismus ist noch nicht geklärt, Riesenwellen können aber durch Überlagerung von Einzelwellen entstehen, auch Hindernisse im Meer (Inseln) können zur Entstehung beitragen. Und Freakwaves treten bevorzugt in Seegebieten auf, in denen starke Dünung (Wellen entfernter Stürme) oder eine starke Meeresströmung starkem Wind entgegenlaufen. Hier ist der Seegang besonders hoch und damit auch die Gefahr von Monsterwellen.
Auswirkungen
Besonders gefährlich sind Freakwaves dadurch, dass Schiffsaufbauten und Ladeluken dem enormen Wasserdruck nicht stand halten können. Selbst hoch aufragende Schiffsbrücken werden noch getroffen und die gesamte Technik des Schiffes kann dabei zerstört werden. Das Schiff wird manövrierunfähig und kann bei starkem Seegang kentern und sinken. Wenn ein Schiff von der Seite getroffen wird, ist das kentern kaum zu vermeiden.
Vorhersage
Gibt es eine Möglichkeit, Freakwaves vorherzusagen? In begrenztem Maße ja. Wetterlagen mit entsprechendem Seegang lassen sich von Computermodellen inzwischen gut erfassen. Auch die Meeresströmungen, in deren Bereich besonders häufig Freakwaves entstehen, sind bekannt. Dies gilt besonders für ein Seegebiet vor der südafrikanischen Küste mit starker Meeresströmung aus Nordosten und von Westen und Südwesten heranziehenden Sturmtiefs. Hier erkennt man in der Karte der Meeresströmungen besonders hohe Geschwindigkeitswerte. Generell gilt aber: Genaue Prognosen und Warnungen vor Freakwaves sind derzeit nicht möglich.
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