Trifft Joaquin die US-Ostküste?
Der Tropensturm Joaquin hält seit Dienstag die Meteorologenwelt in den USA wortwörtlich auf Trab und in Atem. Jeder einzelne Lauf eines jeden Wettermodells wird sich mit Spannung und oft mit Erstaunen angeguckt und diskutiert, sehr viel davon auch in den sozialen Medien unter #joaquin. Wie nah wird er an die Ostküste der USA heran kommen oder wird er sie sogar treffen? Die Vorhersage ist ziemlich schwierig…
Der aktuelle Stand
Momentan liegt Joaquin als Tropensturm noch ca. 580 km östlich der Bahamas (im Titelbild zu sehen). Er hat sich im Vergleich zu gestern schon gut verstärkt (wir berichteten). Mittwochnacht, 20.09. um 5 Uhr MESZ lagen die maximalen Mittelwinde bei 110 km/h, sein Kerndruck ist auf 988 hPa gefallen. Joaquin bewegt sich momentan mit 7 km/h Zuggeschwindigkeit sehr langsam in Richtung der Bahamas, bevor er Ende der Woche nordwärts abdrehen wird. Er wird den Bahamas aber sehr wahrscheinlich noch so nah kommen, dass mit kräftigem Regen und Wind zu rechnen ist.
Die offizielle und aktuelle Vorhersage des National Hurricance Center von Mittwochfrüh lässt Joaquin als Hurricane in den nächsten 5 Tagen über das offene Meer ziehen, weg von der Küste, wobei der Unsicherheitsbereich nun auch schon die Küste Delawares beinhaltet. (zum Vergrößern bitte anklicken). In den vergangen Prognosen wurde dies noch ausgeschlossen.
Sicher ist diese Prognose leider nicht. Die Wetter- und Hurricanemodelle gehen momentan noch sehr weit auseinander, wie die folgende Darstellung zeigt. Mehrere Modelle sehen einen „landfall“ an der amerikanischen Küste, andere lassen ihn als außentropischen Sturm erst in Neuschottland auf Land treffen.
Selbst die einzelnen Modelle weisen von Modelllauf zu Modelllauf derzeit riesengroße Unterschiede auf. Die folgenden zwei Animationen zeigen die Berechnungen ein und des gleichen Modells für Sonntag, 0z bis 12z (2 Uhr MESZ bis 14 Uhr MESZ). Die obere Animation ist die Modellberechnung von Dienstag 12z, die untere von Dienstag 18z.
Größer kann ein Unterschied kaum sein. Im 12z-Lauf lässt das Modell den Tropensturm weit auf dem Meer (oben), der 18z-Lauf als kräftigen Hurricane in Delaware/New Jersey auf Land treffen (unten). Bei der Prognose der Regenmengen und des Windes gibt es dementsprechend ebenfalls große Unterschiede. Momentan ist es daher viel zu früh für konkrete Aussagen. Man muss einen landfall an der US-Küste allerdings in Betracht ziehen.
Was macht die Vorhersage so schwer?
Mehrere Dinge. Zum einen muss man schauen, wie sich Joaquin selbst entwickeln wird. Den aktuellen Kerndruck von 988 hPa wurde beispielsweise von keinem Modell so niedrig zum jetzigen Zeitpunkt prognostiziert, dh. er ist zur Zeit stärker als gedacht. Zum anderen gibt es auf seinem weiteren Weg nach Norden mehrere Dinge, die seinen Fortbestand beeinflussen können. Ende der Woche soll sich ein kräftiges Tiefdruckgebiet bis weit in den Südosten der USA (bis nach Georgia und South Carolina) schieben. Vor und entlang der Ostküste liegt gleichzeitig eine langgezogene, beinahe stationäre Kaltfront, die sich nur wenig bewegt und weiter auf dem Nordatlantik dominiert ein umfangreiches Hochdruckgebiet. Es ist noch nicht klar, wie sich alle einzelnen Faktoren in den nächsten Tagen entwickeln werden und wie sie schlussendlich Joaquin beeinflussen bzw. miteinander wirken.
Es bleibt also sehr spannend und es wird noch viel diskutiert werden, auch in den sozialen Medien. Sicher ist: für Aufregung ist es zu früh. Man muss sich nun jeden einzelnen Modelllauf aller Modelle ganz genau ansehen und beobachten, wie sich Joaquin, Tief, Hoch und Kaltfront entwickeln.
Wir bleiben am Ball.
Sicher für mich in South Carolina ist: mein graues Regenwetter wird erstmal nicht besser.
UPDATE Mittwoch, 30.9. 16:45 Uhr
Joaquin hat sich nun offiziell zum Hurricane verstärkt. Er liegt etwa 390 km nordöstlich der Bahamas mit mittleren Winden um 120 km/h und einem Kerndruck von 971 hPa. Die Bahamas liegen nun unter einer Hurricane Warnung.