Ein El Niño wie kein Zweites. Das ist sicher.
Kürzlich hat die US-amerikanische Wetterbehörde NOAA eine Mitteilung über ein bevorstehendes, besonders starkes El Niño-Ereignis in diesem Jahr veröffentlicht. Was es damit auf sich hat und was und warum El Niño ist, findet ihr in diesem Blog-Eintrag. Ich habe versucht, es kurz zu machen…
Was ist El Niño?
Als El Niño wird heute die warme Phase eines 2- bis 7-jährigen Zyklus im östlichen und zentralen tropischen Pazifik bezeichnet. Die entsprechende kalte Phase heißt La Niña. Eine Animation des aktuellen El Niño-Ereignisses zeigt Abbildung 1. Hier sieht man die Abweichung der Oberflächentemperatur des Pazifiks vom langjährigen Mittel. Im östlichen und zentralen Pazifik ist das Oberflächenwasser teilweise mehr als 3°C wärmer. Am stärksten ist diese Erwärmung in der Regel am Jahresende ausgeprägt. Also meistens in zeitlicher Nähe zum Weihnachtsfest. Daher der Name („das Christkind“). Von El Niño spricht man, wenn das Oberflächenwasser im zentralen Pazifik für 3 aufeinanderfolgende Monate im Durchschnitt 0,5°C über dem langjährigen Mittel liegt.
Abbildung 1: Bisherige Entwicklung des aktuellen El Niños (Quelle: NOAA).
Wie ist die Verbindung zur Atmosphäre?
Zwischen Atmosphäre und Ozean gibt es enge Wechselwirkungen. Für den Bereich des tropischen Pazifiks wird das als El Niño-Southern Oscillation (ENSO) bezeichnet. Dabei betrifft El Niño den Ozean und Southern Oscillation („südliche Schwankung“) die Atmosphäre. Um zu verstehen, was während eines starken El Niños besonders ist, schaut man sich am besten zunächst den Normalfall an (siehe Abbildung 2). Die Passatwinde schieben das von der Sonne erwärmte Oberflächenwasser nach Westen. Am Westrand des Pazifiks (nahe Australien, Indonesien und Papua-Neuguinea) steigen die Luftmassen über dem warmen Wasser auf (Konvektion). Ein Bodentief bildet sich. In der Höhe strömt die Luft zurück Richtung Südamerika und sinkt dort großflächig ab. Ein Bodenhoch bildet sich aus. Diese äquatoriale Luftzirkulation zwischen Südamerika und Australien heißt Walker-Zirkulation. Damit ist es über Australien und Ozeanien warm und feucht und über Peru relativ kühl und vor allem trocken. Dadurch, dass warmes Wasser nach Westen geschoben wird, strömt kaltes, nährstoffreiches Tiefenwasser zur Oberfläche. Das freut zunächst die Fische, später die peruanischen Fischer.
Während eines starken El Niños (Abbildung 2 unten) wehen die Passatwinde weniger stark. Die gesamte Walker-Zirkulation schwächt sich ab. Folglich wird das Tief über dem Westpazifik schwächer, das Hoch vor Südamerika auch. Insgesamt sind also die Luftdruckunterschiede geringer. Es kann sogar dazu kommen, dass sich die Zirkulation umkehrt und nun Luft bodennah von Australien Richtung Südamerika strömt. Das warme Wasser verbleibt im östlichen und zentralen tropischen Pazifik und das kalte Tiefenwasser schafft es nicht bis zur Oberfläche. D.h. keine Fische vor Peru. Die aufsteigenden Luftmassen befinden sich nun eher im zentralen Pazifik (über dem wärmsten Wasser). Damit wird es in Australien, Ozeanien und dem tropischen Südostasien heißer und trockener. Dagegen befindet sich feuchtere Luft vor Peru und führt dort zu überdurchschnittlich starken Niederschlägen.
Abbildung 2: Normale Verhältnisse im Pazifik (oben) und El Niño-Ereignis (unten) (Quellen der verwendeten Bilder: NOAA und NOAA).
Wie äußert sich El Niño in anderen Teilen der Welt?
Ein El Niño-Ereignis verändert nicht nur die Wettersysteme über dem tropischen Pazifik, sondern kann das Wetter weltweit beeinflussen. Das funktioniert über sogenannte Telekonnektionen, also „Fernverbindungen“ zwischen den regional dominierenden Wettersystemen. Diese kommen teilweise direkt, quasi durch Nachbarschaft, zustande oder indirekt und mitunter zeitverzögert über Prozesse in höheren Schichten der Atmosphäre. So verändert sich z.B. die Lage des Jet-Streams über dem Nordpazifik. Man bedenke dabei, dass sich durch die Verschiebung der Konvektionsgebiete auch der Transport von Wärme (=Energie) in höhere Atmosphärenschichten an anderen Orten stattfindet. In der Höhe kann diese Energie über lange Strecken über den Globus transportiert werden, nur eben an andere Stellen als üblich. Folglich kann man sich leicht vorstellen, dass damit das Wetter in anderen Teilen der Welt von den veränderten Prozessen über dem tropischen Pazifik beeinflusst werden kann.
Welche weltweiten Auswirkungen auf Lufttemperaturen und Niederschlagsverteilung man erwarten kann, hat der britische meteorologische Dienst MetOffice in anschaulichen Grafiken dargestellt (Abbildung 3). Gelb bedeutet hier trockener bzw. wärmer, blau feuchter bzw. kühler. Bei einem starken El Niño wäre es im Winter über den südlichen USA feuchter. Auch Kalifornien könnte in solch einem Winter mehr Niederschläge abbekommen. Im Amazonasregenwald wäre es dagegen trockener. Genauso wie in Südostasien und im Südwesten von Afrika. Über Indien und Südostasien wäre es heißer und der indische Sommermonsun würde weniger Niederschlag mit sich bringen. Alaska und Westkanada würden einen milden Winter erleben. Eine Verstärkung der Windscherung (vereinfacht gesagt: der Unterschied zwischen der Windgeschwindigkeit in unteren und oberen Atmosphärenschichten) über dem tropischen Nordatlantik verringert die Intensität und Häufigkeit von Hurrikans. Im Gegensatz zum tropischen Nordpazifik, wo das warme Wasser und eine geringere Windscherung die Bildung von Hurrikans begünstigen. Auswirkungen in Europa sind bisher nicht so gut bekannt. Das Wetter in Europa ist im Allgemeinen recht variabel und von vielen Faktoren in direkter Nachbarschaft abhängig. Das erschwert es, einen direkten Zusammenhang zu einer Klimavariation auf der anderen Seite der Welt herzustellen. Nichtsdestotrotz gibt MetOffice einen feuchteren Herbst und milderen Winter in Süd- und Westeuropa an.
Hinzu kommt: Nicht jedes El Niño ist gleich und der Einfluss auf andere Wettersysteme hängt stark von deren aktuellem Zustand und lokalen Einflussfaktoren ab. Wenn man sich die aktuellen Oberflächentemperaturen der Weltmeere ansieht (Abbildung 4 oben) und mit den Werten vom sehr intensiven El Niño 1997-98 zur selben Jahreszeit vergleicht (Abbildung 4 unten), erkennt man, dass es in vielen Teilen der Welt anders aussieht als 1997. So ist das Oberflächenwasser im Pazifik vor Nordamerika, im Indischen Ozean, und im subtropischen Atlantik auf der Nordhalbkugel in diesem Jahr wärmer als 1997. Das kann durchaus die oben beschriebenen Phänomene beeinflussen.
Abbildung 4: Temperatur des Oberflächenwassers ca. Mitte August während des El Niños 2015 (oben) und 1997 (unten) (Quellen: NOAA und NOAA).
Welche Ursachen für starke El Niño-Ereignisse sind bekannt?
Das ist nicht so richtig klar. Schuld daran sind die bisher noch recht kurzen Messzeiträume, die noch zu wenige El Niños miterlebt haben, und das komplexe Zusammenspiel von Atmosphäre und Ozean. Um der Sache auf den Grund zu gehen benötigt man neben Wassertemperaturen an der Oberfläche auch die Temperaturen des Tiefenwassers, Informationen über die Strömungen im Pazifik und genaue Informationen über die Zirkulation in der Atmosphäre.
Generell pendelt der östliche Pazifik jährlich zwischen warmen und kalten Perioden hin und her. Diese natürliche Schwankung kann unterschiedlich stark ausfallen. Zur Erinnerung: Erst wenn das Oberflächenwasser für 3 aufeinanderfolgende Monate im Durchschnitt 0,5°C über dem langjährigen Mittel liegt, spricht man von einem El Niño-Ereignis. Über die Prozesse, die nun so ein starkes Ereignis auslösen, kann nur spekuliert werden. Wahrscheinlich erscheinen z.B. Schwankungen in den Meeresströmungen in der Tiefe oder eine positive Rückkopplung (Selbstverstärkung) zwischen (zufällig?) zu warmem Oberflächenwasser und (zufällig?) schwächelnder Walker-Zirkulation bzw. andersherum. Ein klassisches Henne-Ei-Problem.
Wie wird sich das aktuelle El Niño entwickeln?
Die NOAA gibt an, dass es eine hohe Wahrscheinlichkeit gibt, dass das beginnende El Niño sich bis in das Frühjahr 2016 hinein fortsetzt. Des Weiteren stehen die Zeichen nicht schlecht, dass sich das Ereignis bis zum Beginn des Winters weiter verstärkt. Das 3-Monats-Mittel der Oberflächentemperatur im zentralen tropischen Pazifik wird das langjährige Mittel unter Umständen um mehr als 2°C übersteigen. Auch laut den Prognosen des MetOffice in Großbritannien sind Abweichungen über 2°C möglich (siehe Abbildung 5). Wie oben erwähnt erwartet die NOAA eine unterdurchschnittliche atlantische und eine überdurchschnittliche pazifische Hurrikansaison. Ebenso die direkten Folgen (wie oben beschrieben) mit geringerer Konvektion (und damit weniger Niederschlägen) im tropischen Südostasien und Australien und erhöhter Konvektionen im ostpazifischen Raum. Diese „üblichen“ Folgen eines El Niño-Ereignisses sind recht wahrscheinlich. Weitere Telekonnektionen hängen, wie oben beschrieben, stark von den aktuellen lokalen Gegebenheiten ab. Ein weiteres Update seitens der NOAA ist für den 10. September angekündigt. Wir bleiben natürlich dran!
Abbildung 5: Entwicklung der Temperatur des Oberflächenwassers im zentralen tropischen Pazifik für verschiedene Modellläufe (Ensemble) des MetOffice (Quelle: MetOffice).
Wie wirkt sich der Klimawandel auf zukünftige El-Niño-Ereignisse aus?
Das ist zurzeit völlig unklar. Es gibt zwar zarte Hinweise, dass El-Niño-Ereignisse in den letzten Jahrzehnten häufiger auftraten. Allerdings ist die Länge der relevanten Aufzeichnung recht kurz (ca. ab den 1970ern). Darüber hinaus kann eine veränderte Häufigkeit auch die Folge von sogenannter interner Klimavariabilität zwischen Ozean und Atmosphäre im pazifischen Raum sein (d.h. etwas, dass auch ohne Veränderung des globalen Klimas passiert). Man bedenke dabei, dass sich Umwälzungen im Ozean in längeren Zeiträumen abspielen als eine 50-jährige Messreihe abdeckt. Obwohl heutige Klimamodelle El-Niño-Ereignisse hinsichtlich ihrer relevanten Eigenschaften immer besser abbilden können, sind sie sich hinsichtlich der zukünftigen Intensität und Häufigkeit uneinig. Zusammengefasst kann man sagen, dass unser derzeitiges Wissen nicht ausreicht um den Einfluss des Klimawandels auf El-Niño-Ereignisse sicher abzuschätzen.
Weitere Informationen?
Leider bin ich kein ausgewiesener El-Niño-Experte und das Thema ist zu komplex und zu wenig verstanden um mal eben einen tiefgründigen Text darüber zu verfassen. Daher wollte ich lediglich ein paar wissenswerte Fakten darstellen und einen Einblick in die Komplexität dieses Phänomens geben. Weitere Informationen findet man auf Deutsch z.B. bei Wikipedia. Wer mehr über die Details erfahren möchte muss wohl der englischen Sprache mächtig sein. Dann kann man sich bei folgenden Stellen weiter belesen:
– Übersichtliche Zusammenstellung vom NCAR
– Ein umfassendes FAQ von der US-amerikanischen Wetterbehörde NOAA
– Die Diskussion zur Vorhersage der NOAA
– Zum Einfluss des Klimawandels: Kapitel 9 und 14 des letzten IPCC-Klimaberichtes
Geniale Info.
Vielen Dank. ?
jawoll, vielen Dank 🙂
Vielen Dank für die aufschlussreiche Erklärung.
Ein guter Überblick, der mir für Erste völlig ausreicht. Danke.
Exzellente, informative und gut zu lesende Kurzabhandlung!
Ergänzend sei noch erwähnt, dass El-Niño nicht nur Auswirkungen auf die Fische hat, sondern bspw. vor den Malediven von den wunderschönen oberen Steinkorallen nur noch weiße Kalkskelette übrig bleiben, Stichwort Korallenbleiche.
Dort sah es nach 1997 schon aus wie ein Schlachtfeld; dieses Jahr könnte den wenigen verbliebenen und teilweise erholten Exemplaren den Rest geben. Sehr schade!
Klasse Info, schön verständlich – wollen wir mal hoffen, dass die Boulevard-Presse nicht gleich eine konkrete Winterwettervorhersage daraus folgert…
Danke!!
Vielen Dank für die gut verständliche und sachkundige Erklärung!
Kein Wort zu viel, kein Fakt zu wenig. Sehr lesenswert und informativ, wissenschaftlich fundiert, evident und auch für Laien nachvollziehbar. Lobenswert auch die Website, wegen der Schriftgröße und Barrierefreiheit!
Vielen Dank für die Erklärung. Ein nicht einfach zu verstehendes Phänomen.
Hallo Wetterkanal
ein Wettermensch aus dem fränkischen bringt derzeit folgende Beobachtung zur Sprache. Er schreibt:
Ja, was ist da nur auf dem Nordatlantik los:
https://www.fnmoc.navy.mil/ncoda_web/dynamic/ncoda_1440x721_global_anom.gif
Der kalte Fleck wird immer intensiver und größer! Im Osten hat er Irland erreicht und im Süden die Azoren. Diese Konstellation ist ein absolutes Novum. Natürlich berücksichtigen die Wettermodelle die Wassertemperaturen, von daher sollte der Fleck die Vorhersagegüte eigentlich nicht beeinflussen. Aber: Jeder Software-Entwickler weiß doch, dass Computerprogramme auf ein verändertes Szenario nicht selten fehlerhaft reagieren, wenn dieses vorher nicht durchgetestet werden konnte.
Leider gibt es keine Computermodelle, mit denen die weitere Veränderung dieses kalten Flecks vorhergesagt werden könnte (die Klimamodelle haben ihn nicht erwartet). Daher bleiben nur Spekulationen. Falls es sich tatsächlich um eine Blockade des Golf-/Nordatlantikstroms durch grönländisches Schmelzwasser handeln sollte, müsste in diesem Herbst auch eine Kälteanomalie westlich von Norwegen folgen. Die Stärke des Golf-/Nordatlantikstroms direkt zu messen, wäre natürlich am besten, aber das ist wegen starker natürlicher Schwankungen schwierig.
Ein schnelles Absterben des Golf-/Nordatlantikstroms wäre eine gigantische Katastrophe. Passiert ist das tatsächlich schon einmal und zwar in der Jüngeren Dryaszeit (ca. 10000 vor Christus), welche auch „Big Freeze“ genannt wird:
https://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%BCngere_Dryaszeit
Ausgelöst wurde diese Kältephase vermutlich durch das Vordringen großer Mengen kanadischen Süßwassers auf den Nordatlantik. Die nachfolgende Klimaveränderung verwandelte Mitteleuropa innerhalb eines einzigen Jahrzehnts in einen Kühlschrank. Der Auslöser der Schmelzwasserbildung wiederum war damals eine Wärmeperiode. Daher drängen sich Parallelen mit der globalen Erwärmung und der Gletscherschmelze auf, die wir heutzutage beobachten.
Bewiesen ist aber bei dem jetzigen kalten Fleck noch gar nichts. Selbst eine simple zufällige Aneinanderreihung von kalten Wetterlagen auf dem Atlantik ohne eine Veränderung der Meeresströmung kommt als Auslöser immer noch in Betracht. http://www.wetterochs.de/
Ist dies möglicherweise auch eine entfernte Auswirkung des El Niño und soll man in Europa die Fässer rechtzeitig mit Öl füllen um eine vielleicht mögliche Kälte-Unbill zu überstehen?
Wie ist Ihre Einschätzung dazu, oder ist das eher ein Scherz?
Mit freundlichen Grüßen Apollon
Nun, ich bin kein Ozeanograph und kann hier nur eine grobe Einschätzung liefern. Außerdem mag ich nicht zu sehr spekulieren.
„Der kalte Fleck wird immer intensiver und größer! Im Osten hat er Irland erreicht und im Süden die Azoren. Diese Konstellation ist ein absolutes Novum. Natürlich berücksichtigen die Wettermodelle die Wassertemperaturen, von daher sollte der Fleck die Vorhersagegüte eigentlich nicht beeinflussen. Aber: Jeder Software-Entwickler weiß doch, dass Computerprogramme auf ein verändertes Szenario nicht selten fehlerhaft reagieren, wenn dieses vorher nicht durchgetestet werden konnte.“
Dieser kalte Fleck (kühleres Oberflächenwasser im Nordatlantik als normal) wird die Vorhersagegüte unserer Wettermodelle nicht beeinflussen. Erstens geht, wie richtig erwähnt die Wasseroberflächentemperatur in die Berechnungen mit ein. Zweitens besteht diese Temperaturanomalie schon seit Anfang des Jahres (siehe http://www.ospo.noaa.gov/Products/ocean/sst/anomaly/ ; einfach die Full Global-Bilder ansehen). Mir ist nicht bekannt, dass die Vorhersagegüte in diesem Jahr feststellbar gelitten hätte.
„Leider gibt es keine Computermodelle, mit denen die weitere Veränderung dieses kalten Flecks vorhergesagt werden könnte (die Klimamodelle haben ihn nicht erwartet). Daher bleiben nur Spekulationen. Falls es sich tatsächlich um eine Blockade des Golf-/Nordatlantikstroms durch grönländisches Schmelzwasser handeln sollte, müsste in diesem Herbst auch eine Kälteanomalie westlich von Norwegen folgen. Die Stärke des Golf-/Nordatlantikstroms direkt zu messen, wäre natürlich am besten, aber das ist wegen starker natürlicher Schwankungen schwierig.“
Wie gesagt besteht der Fleck schon eine Weile. An eine spontane (d.h. sehr schnelle; wir reden immerhin von nur einem Jahr) „Blockade“ des Golfstroms mag ich nicht so recht glauben. Über die Ursachen der niedrigen Wassertemperaturen im Nordatlantik kann ich nur spekulieren. Informationen über das Tiefenwasser wären sehr hilfreich.
„Ein schnelles Absterben des Golf-/Nordatlantikstroms wäre eine gigantische Katastrophe. Passiert ist das tatsächlich schon einmal und zwar in der Jüngeren Dryaszeit (ca. 10000 vor Christus), welche auch „Big Freeze“ genannt wird:
https://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%BCngere_Dryaszeit
Ausgelöst wurde diese Kältephase vermutlich durch das Vordringen großer Mengen kanadischen Süßwassers auf den Nordatlantik. Die nachfolgende Klimaveränderung verwandelte Mitteleuropa innerhalb eines einzigen Jahrzehnts in einen Kühlschrank. Der Auslöser der Schmelzwasserbildung wiederum war damals eine Wärmeperiode. Daher drängen sich Parallelen mit der globalen Erwärmung und der Gletscherschmelze auf, die wir heutzutage beobachten.“
Das Absterben des Golfstroms wäre eine Katastrophe. Was genau aber die Ursache vor 10000 Jahren war, darüber ist man sich, soweit ich weiß, bisher noch nicht einig; vor allem, warum das so schnell ging. Laut Weltklimabericht gibt es bisher keine Anzeichen auf eine generelle Schwächung des Golfstroms, wobei er natürlichen jährlichen Schwankungen unterliegt. Allerdings wird bis zum Ende des Jahrhunderts mit einer Schwächung irgendwo zwischen 11 und 54% gerechnet. Er wäre aber immer noch da 😉
„Bewiesen ist aber bei dem jetzigen kalten Fleck noch gar nichts. Selbst eine simple zufällige Aneinanderreihung von kalten Wetterlagen auf dem Atlantik ohne eine Veränderung der Meeresströmung kommt als Auslöser immer noch in Betracht. http://www.wetterochs.de/”
Richtig ist, dass nichts bewiesen ist. Ob kalte Wetterlagen allein dafür verantwortlich sein können, wage ich zu bezweifeln. Im Übrigen möchte ich kurz darauf hinweisen, dass es sich die Quelle in Bezug auf den Auftrieb und die Schichtung von Meerwasser zu einfach macht. Eine mindestens ebenso tragende Rolle spielt neben der Temperatur der Salzgehalt des Wassers (salzhaltiges Wasser ist dichter und sinkt bei gleicher Temperatur unter weniger salzhaltiges Wasser) und die horizontalen Windscherungen an der Wasseroberfläche (für Interessierte: Ekman-Transport; https://de.wikipedia.org/wiki/Ekman-Transport#Auftrieb_im_offenen_Ozean).
„Ist dies möglicherweise auch eine entfernte Auswirkung des El Niño und soll man in Europa die Fässer rechtzeitig mit Öl füllen um eine vielleicht mögliche Kälte-Unbill zu überstehen?
Wie ist Ihre Einschätzung dazu, oder ist das eher ein Scherz?“
Im Grunde ist ein Zusammenhang über eine Beeinflussung des Jetstreams über dem Nordatlantik oder der Nordatlantischen Oszillation und damit einer Verschiebung der Zugbahnen der Tiefdruckgebiete möglich. Wie schon im Artikel erwähnt spielen hier eben viele Faktoren zusammen. Und richtig viele El Niños hat man noch nicht im Detail untersuchen können. Beim letzten starken El Niño (97/98) gab es zum Beispiel keinen so eindeutig kalten Fleck im Nordatlantik.
Was nun Jahreszeitenvorhersagen angeht… Dazu kann ich beim allgemein wechselhaften europäischen Wetter keine verlässliche Aussage machen. Was ich sagen kann, ist, dass man idR in Deutschland im Winter heizen muss. Ein Vorrat dafür ist also nicht verkehrt. Davon abgesehen ist ein Winter nicht einmal in Deutschland überall gleich hart, schon gar nicht in Europa. Da hilft nur Wetterbericht schauen und sich regelmäßig auf den neuesten Stand bringen.