Sonne oder Dauerregen? Über die Schwierigkeit der Luftmassengrenzen
Es gibt Tage, an denen ist die Wettervorhersage für uns Meteorologen gar nicht so einfach. Bestimmte Wetterlagen haben einfach ihre natürliche Grenzen. Luftmassengrenzen gehören zum Beispiel dazu. Und eine solche liegt momentan über dem Nordosten Deutschlands.
Eine Luftmassengrenze ist definiert als „ein mehr oder weniger schmaler Bereich von 20 bis 200 km, in dem zwei unterschiedliche Luftmassen aufeinander treffen“. Die Schwierigkeit bei solchen Luftmassengrenzen ist nun ihre genaue Lage zu bestimmen. Schon ein paar Kilometer Unterschied nach Westen oder Osten kann für einen Ort Sonnenschein oder Dauerregen bedeuten.
Schauer wir uns die aktuelle Wetterlage mal genauer an.
Ein kleines Tief liegt über der Nordsee. Das Frontensystem dieses Tiefs ist ab Dienstagabend von Südwesten her nach Deutschland gezogen und hat sich weiter nach Nordosten ausgebreitet. Genau genommen waren es insgesamt sogar 4 Fronten. Über Skandinavien liegt gleichzeitig ein ziemlich großes und kräftiges Hochdruckgebiet. Und dieses Hoch ist im Grunde das Problem.
Die Fronten sind auf ihrem Weg nach Nordosten irgendwann nicht mehr weitergekommen, sie kamen gegen das Hoch nicht an. Sie wurden regelrecht abgeblockt und damit bleibt die Front (mittlerweile zu einer Okklusion/Mischfront verschmolzen) derzeit beinahe ortsfest liegen. Das Tief schiebt von Südwesten her feuchte und mildere Luft nach Deutschland rein, das Hoch dagegen trockene und kältere Luft aus Osten. Die feuchte und milde Luft wird angehoben und regnet sich quasi an Ort und Stelle aus. Die folgende Abbildung verdeutlicht noch einmal die verschiedenen Windrichtungen, man erkennt auch gut einen Übergangsbereich, in dem die Luft aus Südwesten gestoppt wird.
Und nun zur Schwierigkeit. Zum einen sind Luftmassengrenzen eben nur „beinahe“ ortsfest, also quasistationär. Das heißt sie wabern immer noch ein wenig hin und her (genaueres hierzu hatte übrigens mein Kollege Fabian hier schon im August erklärt) . Zum anderen ist die genaue Endposition vorher schwer zu bestimmen. Anders ausgedrückt: wo bleibt die Front liegen?
Denken wir wieder an unsere aktuelle Lage. Die Fronten ziehen von Südwesten auf, haben anfangs auch durchaus noch Schwung. Je näher sie jedoch dem kräftigen Hoch kommen, desto langsamer werden sie, bis das Hoch an irgendeinem Punkt schließlich so stark ist, dass es sie stoppt/abblockt. Man spricht auch vom „blockierenden Hoch“. Die genaue Endlage der späteren Luftmassengrenze hängt also davon ab, wie stark das Hoch tatsächlich ist und wie viel Schwung die Fronten mitbringen, bis sie gestoppt werden. Eine Kräftefrage.
Generell hatten die Wettermodelle diese Lage heute alle drin. Nur die exakte Lage der Luftmassengrenze wurde nicht von allen gleich berechnet. Und das ist der Knackpunkt. Denn während für ein Wettermodell eine Abweichung von 50 oder 100 km immer noch gut ist, ist es für die Menschen, die in diesem Bereich leben nicht. Der Unterschied ist Sonne, trocken, wenig Regen oder eben Dauerregen….
Hier ein Beispiel unseres Modellvergleichs, der XL-Vorhersage für Dresden:
Man sieht sofort wie unterschiedlich die Wettermodelle die Lage berechnen. Während das kanadische Modell 9 mm berechnet, sieht das amerikanische Modell gerade einmal 0,1 mm, also praktisch nichts. Deswegen gibt es uns Meteorologen. Deswegen schauen wir uns immer alle Modelle an und nicht nur eins: vergleichen, wiegen ab und lassen unsere Erfahrung einfließen. Wettermodelle haben immer ihre Stärken und Schwächen. Allerdings kann man nie pauschal sagen, welche. Welches Modell heute in Dresden am stärksten war, können die Menschen in Dresden sicher beantworten. 😉