Oktober auf Rekordkurs – Wetter-Entlastungspaket und der Klimawandel
Der Oktober 2022 ist mit aktuellem Stand schon einer der wärmsten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen und die Zeichen stehen in den Wettermodellen bis Monatsende auf mild bis warm. In Zeiten der Energiekrise zum einen ein Entlastungspaket der Atmosphäre, zum anderen auch ein typisches Zeichen des Klimawandels.
Der Gasverbrauch ist aktuell in Deutschland vergleichsweise gering, was aber auch zum Großteil am Wetter liegt. Der Oktober war bisher nur selten so mild in der Vergangenheit. Anders sah es Mitte bis Ende September aus, als es negative Temperaturabweichungen gab und es schon vergleichsweise kalt war. Wir haben also in erster Linie Glück mit dem Wetter, wenn man es aus Sicht des Energieverbrauchs betrachtet. Die Atmosphäre hat uns ein Entlastungspaket geschenkt.
Schauen wir uns den aktuellen Stand des Oktobers 2022 an. Unten ist die Hitliste der wärmsten und kältesten Oktober seit 1881 zu sehen. Seit 1881 reichen die Messwerte aus, um ein Flächenmittel für Deutschland zu berechnen. Das Deutschlandmittel. Die Daten werden vom Deutschen Wetterdienst bereitgestellt. Aktuell liegt der Oktober im Deutschlandmittel bei rund 12 Grad und damit auf Platz 3 seit Beginn der Messungen.
Die Aussichten stehen auf „Entlastung“
Unten sind Karten für die Temperaturabweichung vom Klimamittel für Europa zu sehen. Jeweils von oben links bis unten rechts von Samstag den 22.10.2022 bis Samstag den 29.10.2022, also fast bis Monatsende. Termin ist immer 14 Uhr. Eindrucksvoll zeigt sich eine nahezu durchgehende, extreme Wärmeanomalie über weiten Teilen Europas, insbesondere auch in Deutschland. Kräftiger Tiefdruck über dem Nordatlantik schaufelt immer neue Warmluft aus Südwesteuropa heran.
Typische Folge des Klimawandels
Auch wenn das aus meteorologischer Sicht sehr eindrucksvoll ist, wundert uns das nicht mehr wirklich. Wärmeanomalien, beziehungsweise deutlich zu warme Monate, gehören mittlerweile zum Alltag. Die Grafik unten zeigt die monatlichen Abweichungen vom Klimamittel für Deutschland seit dem Jahr 2018. Überdurchschnittliche und häufig auch deutlich „zu warme“ Monate, sind mittlerweile der Normalfall. Außergewöhnlich geworden sind Monate, die vor allem noch zum alten Klimamittel 1961-1990 eine negative Anomalie aufweisen. Das sind die Monate, in denen wir in den sozialen Netzwerken verstärkt lesen müssen „wo denn der Klimawandel bleibt?“ – es ist doch so kalt. Hätten wir keinen menschengemachten Klimawandel, würden sich positive und negative Abweichungen in etwa die Waage halten. Es würde mal „zu kalte“ Monate, mal „zu warme“ Monate, mal durchschnittliche Monate geben. Dem ist aber schon lange nicht mehr so: Es gibt fast ausnahmslos „zu warme“ Monate mit ein paar kalten „Ausreißern“. Dadurch ist auch seit vielen Jahren das Gefühl für das alte Klimamittel verloren gegangen: Fällt ein Monat heutzutage durchschnittlich aus, wird er von den meisten Menschen schon als ungewöhnlich kalt empfunden.
Der durchschnittliche Tageshöchstwert (30jähriges Mittel) sinkt vom 20. Oktober bis Ende Oktober in Köln etwa von 14°C auf 13°C, in Leipzig von 13°C auf 12°C. Schauen wir uns dazu des Ensemble des ECMWF Wettermodells bis Ende Oktober an, sind wir davon in beiden Städten weit entfernt. Es ist sehr eindrucksvoll, dass von 50 Lösungen (die bunten Linien) zahlreiche immer wieder Tageshöchsttemperaturen von 20°C oder sogar etwas mehr rechnen. Zudem bleiben auch die Nächte sehr mild – meist zweistellig. Es werden also weiter kräftig Heizkosten eingespart. Ende Oktober kann es nämlich auch ganz anders aussehen: Schauen Sie mal die Tageshöchstwerte oder die Tagestiefstwerte am 24.10.2003. Es war für das neue Jahrtausend ein extrem kalter Monat (siehe Hitliste oben).
Ich will noch ein paar Daten verschiedener Wetterstationen anfügen. Wir sehen, dass der Oktober 2022 schon häufig in den Top 5 seit Beginn der Messungen ist. Und bei den Aussichten ab dem Wochenende dürften die Mittelwerte eher noch ansteigen. Entscheidend werden vor allem die Nächte werden. Fallen diese wirklich verbreitet zweistellig aus, dürfte es der wärmste Oktober seit Messbeginn werden.
Wärmste Oktober Potsdam (seit 1893)
2001 12.5°C
2006 12.4°C
2014 12.3°C
2022 12.2°C
1907 12.1°C
Wärmste Oktober Oberstdorf (seit 1936)
2022 11.4°C
2001 10.7°C
1995 10.6°C
2006 10.3°C
1942 10.0°C
Wärmste Oktober München-Stadt (seit 1954)
2001 13.7°C
2022 13.2°C
1995 13.0°C
2006 12.7°C
1967 12.6°C
Wärmste Oktober Stuttgart-Echterdingen (seit 1953)
2022 13.3°C
2001 13.1°C
2006 12.5°C
1967 12.5°C
1995 12.4°C
Wärmste Oktober Saarbrücken-Ensheim (seit 1951)
2001 13.1°C
1995 12.7°C
2006 12.7°C
2022 12.5°C
2005 12.5°C
Keine Rückschlüsse auf den kommenden Winter möglich!
Auch wenn derartige Spielereien immer wieder auftauchen; es sind aufgrund von Wetter im Monat X keine Rückschlüsse auf Monat oder Jahreszeit Y möglich. Wer lange genug sucht findet immer Beispiele, dass auf einen sehr milden Oktober mal ein kalter Winter, aber auch ein milder Winter folgte. Die Langfristmodelle gehen im Schnitt eher von einem durchschnittlichen bis leicht überdurchschnittlichen Winter aus. Das ist auch alles nicht überraschend, denn statistisch ist die Wahrscheinlichkeit für einen milden Winter größer als für einen kalten Winter. Erst recht für einen außergewöhnlich kalten Winter. Klimawandel! Dennoch sind besonders kalte Monate immer möglich. 2010 gab es zum Beispiel den viertkältesten Dezember seit 1881.